Wann ist ein Schmerzmittel-Entzug überhaupt notwendig?
Es steht außer Frage, dass der übermäßige Gebrauch von Schmerzmitteln Körper und Seele krankmachen kann. Dennoch erfordert nicht jeder missbräuchliche Medikamentenkonsum einen Schmerzmittelentzug.
Aspirin, Paracetamol und Ibuprofen im Dauereinsatz

Herr B leidet bereits seit langem unter starken Kopfschmerzen und lindert seine Schmerzen durch frei verkäufliche Analgetika. Die gewünschte Einnahme-Wirkung bleibt allerdings immer öfter aus, denn sein Körper hat sich durch die lange und häufige Anwendung bereits an den Wirkstoff gewöhnt (Toleranzentwicklung). Um den Körper vor langfristigen gesundheitlichen Schäden an Magen, Nieren und dem Herz-Kreislauf-System zu schützen, ist es zwar sinnvoll, die Arzneimittel abzusetzen; ein klassischer Medikamenten-Entzug in einer Suchtklinik ist normalerweise aber nicht erforderlich. Eine körperliche Abhängigkeit kann durch die Wirkstoffe nicht entstehen, so dass es der Patient in den meisten Fällen allein schafft, die Dosis Schritt für Schritt zu reduzieren. Wenn organische Ursachen ausgeschlossen wurden, empfiehlt es sich, parallel zum Absetzen an einer nicht-medikamentösen Strategie zur Schmerzbewältigung zu arbeiten, beispielsweise durch eine ambulante Psychotherapie, eine multimodale Schmerztherapie oder das Erlernen von Entspannungstechniken.
Dauerkopfschmerz durch Triptane
Frau C wird immer wieder von Migräne geplagt und hat durch die häufige Einnahme von Triptanen einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz entwickelt. In einem solchen Fall empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) eine umfassende Aufklärung, eine medikamentöse Prophylaxe und eine Medikamentenpause, die ambulant, teilstationär oder stationär erfolgen kann. Dabei entscheidet der Patient selbst, welche Art der Behandlung ihm am liebsten ist. Ein stationärer Entzug ist immer dann erforderlich, wenn zusätzlich zu den Triptanen Opioide konsumiert werden. Der alleinige Gebrauch von Triptanen löst keine Sucht aus.
Opioide als „Stimmungsmacher“
Herr D erhält für seine neuropathischen (nervenbedingten) Schmerzen schon seit Jahren ein schwach wirksames Opioid und möchte dieses – nicht zuletzt durch seine stimmungshebende Wirkung – im Alltag nicht mehr missen. Längst geht es nicht mehr nur darum, die Schmerzen erträglich zu gestalten, sondern auch um die „gute Stimmung“ nach dem Konsum der Substanz. So hat Herr D bereits ein starkes Verlangen (Craving) entwickelt, das es ihm nicht möglich macht, auf die Einnahme der Tabletten zu verzichten. Seine Gedanken kreisen unentwegt um das Medikament; ebenso wurde die Dosis schon häufiger erhöht, um noch dieselbe euphorisierende Wirkung zu verspüren. Im Gegensatz zu den ersten beiden Fällen handelt es sich hier um eine behandlungspflichtige Suchterkrankung, die gravierende Entzugserscheinungen hervorruft, sobald das Medikament abgesetzt wird. Entscheidend für die Entstehung der Sucht waren neben dem Wirkstoff einerseits die hohe Dosierung und andererseits die lange Anwendungsdauer.