Gamma-Trinker

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Aktualisiert am: 23.02.2021
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Gamma-Trinker: alles Wichtige in 30 sec.

  • Der Gamma-Trinker ist einer von 5 Alkoholiker-Typen und geht auf den US-amerikanischen Physiologen Elvin Morton Jellinek zurück.
  • Er trinkt besonders in den Anfängen gesellschaftlich motiviert und hat noch keine körperliche Abhängigkeit entwickelt.
  • Im Krankheitsverlauf kommt es zunehmend zu Kontrollverlust, die Phasen der Abstinenz werden weniger.
  • Als Rauschtrinker läuft der Gamma-Trinker ständig Gefahr, eine Alkoholvergiftung zu entwickeln.
  • Zur Bekämpfung der psychischen Abhängigkeit ist die Entwöhnung sehr wichtig; Suchtursachen & Konsumzwang werden aufgearbeitet.
  • Die Entgiftung kann während einer längeren Abstinenzphase entfallen; unabdingbar ist aber eine ambulante Nachsorge.
Inhalt

Der schleichende Weg in die Alkoholabhängigkeit

Eine Alkoholsucht ist durch verschiedene Symptome gekennzeichnet. Zu den beiden wichtigsten gehören der Kontrollverlust und das starke Verlangen nach dem Rauschmittel. Beide Merkmale sind beim sogenannten Gamma-Trinker, der auch als Rauschtrinker oder Suchttrinker bezeichnet wird, sehr stark ausgeprägt. Dennoch liegt meist noch keine körperliche Alkoholabhängigkeit vor. Um die Entwicklung physischer Symptome und ein weiteres Abrutschen in die Sucht zu verhindern, sollte eine Behandlung daher schnellstmöglich erfolgen.

Unterschiede im Trinkverhalten

Der US-amerikanische Physiologe Elvin Morton Jellinek definierte im Auftrag der WHO in den 1950er Jahren fünf Alkoholiker-Typen, die sich in erster Linie durch ihre Trinkmuster unterscheiden. Einer davon ist der sogenannte Gamma-Trinker. Aus heutiger Sicht ist das Modell zwar in vielerlei Hinsicht überholt, jedoch halten sich die Bezeichnungen für die unterschiedlichen Arten von Alkoholikern noch immer. Grundsätzlich sollte aber davon ausgegangen werden, dass die Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Typen von Trinkern nicht so eindeutig ist, wie es das Modell vorzugeben scheint. Erfahrungen zeigen, dass die Grenzen bei einer Alkoholkrankheit fließend verlaufen. Jeder Alkoholiker hat seine eigene Suchtbiografie, an der sich auch die individuelle Methode der Therapie im Rahmen der Behandlung orientieren sollte.

Neben dem Gamma-Alkoholiker sind die folgenden vier Typen von Jellinek definiert worden:

Der Alpha-Trinker ist als Problemtrinker bekannt und nutzt Alkohol in erster Linie in stressigen Lebenssituationen, um sich entspannen zu können. Der Beta-Trinker genießt alkoholische Getränke vorwiegend zu gesellschaftlichen Anlässen, während der Delta-Trinker stark körperlich abhängig ist und ohne einen gewissen Pegel Alkohol unter schweren Entzugserscheinungen leidet. Der Epsilon-Trinker oder Quartalssäufer wiederum klinkt sich in unregelmäßigen Abständen aus seinem alltäglichen Leben aus, um sich dann hemmungslos über mehrere Tage oder Wochen hinweg zu betrinken. Dazwischen pflegt er lange Phasen der Abstinenz.

Was ist ein Gamma-Trinker?

Gamma-TrinkerDer Gamma-Typ hingegen ist der Trinker-Typ, den sicher viele Laien als den „klassischen Alkoholiker“ einstufen würden. Er befindet sich in der von Jellinek definierten kritischen Phase, in der nach und nach ein Kontrollverlust auftritt und die Trinkmenge nicht mehr kontrolliert werden kann. Bei Gamma-Trinkern handelt es sich um Menschen, die vor allem in der Anfangsphase vorwiegend gesellschaftlich motiviert trinken. In sozialen Situationen, wie etwa auf einer Hochzeit oder bei einem Restaurantbesuch, greifen sie gern und ausgiebig zur Flasche. Schon nach kurzer Zeit setzt dann aber der bereits erwähnte Kontrollverlust bei ihnen ein. Sie können die Menge an Alkohol, die sie trinken, nicht mehr bewusst steuern. Selbst wenn sie merken, dass sie eigentlich aufhören sollten zu trinken, können sie sich nicht beherrschen. In der Anfangszeit ist der Alkoholkonsum immer wieder von abstinenten Phasen durchbrochen. Später häufen sich jedoch die Kontrollverluste und die konsumierte Alkoholmenge schraubt sich zunehmend weiter nach oben. In der Folge werden die Phasen, in denen der Betroffene abstinent ist und nicht trinkt, immer kürzer und seltener, bis sie irgendwann komplett verschwinden.

Wie erkennt man den Gamma-Alkoholismus?

In unserer heutigen Gesellschaft ist der Alkoholkonsum für viele Menschen vor allem zu sozialen Anlässen ritualisiert. Wer besonders große Mengen Alkohol trinken kann, gilt als „trinkfest“ und bekommt hierfür oftmals sogar Respekt zugesprochen. Auffällig sind meist eher die Menschen, die wenig Alkohol trinken oder komplett abstinent leben. Genau deshalb fallen die Rauschtrinker in der Anfangsphase ihrer Alkoholkrankheit zunächst nicht auf. Sie trinken auf Partys oder zu anderen festlichen Anlässen und genehmigen sich gern „einen über den Durst“ und kokettieren auch öffentlich damit. Dieses Trinkverhalten ist für sie zunächst nicht mit Scham besetzt. Auch nutzt der Gamma-Trinker jede Gelegenheit zu trinken und sucht ständig Argumente, warum es einen Grund geben könnte, mal wieder „ein Gläschen zu heben“.

Auffallend bei diesem Trinkertyp ist es, dass er keinen Spaß mehr hat, wenn er keinen Alkohol trinken darf. Es geht also nicht mehr um das lustige Beisammensein, sondern nur noch um den Alkoholkonsum selbst. Ist der Konsum nicht möglich oder ist es klar, dass derjenige zu einem bestimmten Anlass nur begrenzt trinken darf, geht der Gamma-Trinker erst gar nicht mehr dorthin. Der Betroffene ist übrigens auch niemals derjenige im Freundeskreis, der sich als Autofahrer für die anderen zur Verfügung stellen würde.

Suchttrinker konsumieren so viel, bis sie die Kontrolle verlieren, sich übergeben oder einen Filmriss erleiden. Weil dazwischen aber immer wieder abstinente Phasen liegen, wird dies von der Familie und Freunden oftmals zunächst gar nicht richtig bemerkt. Erst wenn sich die chronischen Phasen häufen und der exzessive Alkoholkonsum regelmäßig auftritt, beginnt das soziale Umfeld, Fragen zu stellen.

Körperlich fällt der Alkoholiker mit voranschreitender Krankheit zunehmend häufiger durch gesundheitliche Beschwerden auf, wirkt nervös und unruhig, oder leidet an depressiven Verstimmungen oder unbegründet scheinenden Ängsten. Auch aggressives Verhalten oder starke Veränderungen in der Persönlichkeit sind möglich. Darüber hinaus ziehen sich die Betroffenen nach vielen Jahren des exzessiven Trinkens ab einem gewissen Punkt von ihrer Familie und ihren bisherigen Freunden zurück. Das geschieht einerseits aus Scham, weil ihnen die regelmäßigen Kontrollverluste und Filmrisse dann doch irgendwann unangenehm werden, aber auch, weil sie sich für ihren Alkoholkonsum nicht rechtfertigen wollen.

Mit der Zeit werden Alkoholiker dieses Typs, so wie andere Alkoholsüchtige auch, durch weitere Veränderungen auffällig. Sie werden vergesslich oder erleiden Konzentrationsstörungen. Darüber hinaus sind sie häufiger krank, weil das Immunsystem geschwächt ist. Die Folgen der schlechten bzw. mangelhaften Ernährung machen sich durch Hautirritationen, Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme und weitere Symptome bemerkbar. Diese Übergänge sind fließend und dauern unterschiedlich an. Sehr sportliche, durchtrainierte Menschen können auch sehr lange noch die negativen körperlichen Auswirkungen kompensieren. Aber über kurz oder lang gerät jeder Gamma-Typ in die nächste Phase, die dann nicht mehr aufzuhalten ist.

Welchen besonderen Risiken unterliegt der Gamma-Alkoholiker?

Da Trinker des Gamma-Typs stets bis zum Vollrausch trinken, schweben sie in der ständigen Gefahr, eine Alkoholvergiftung zu erleiden. Die Alkoholkrankheit ist beim Rauschtrinker so stark ausgeprägt, dass er sich ab einem bestimmten Level kontinuierlich mit einem starken Verlangen nach Alkohol (Craving) konfrontiert sieht. Bereits geringe Mengen, wie sie beispielsweise in Backwaren oder mit Alkohol zubereiteten Soßen vorkommen, können das Verlangen auslösen und dazu führen, dass der Betroffene die Selbstbeherrschung verliert. Die Alkoholabhängigkeit manifestiert sich zunächst auf der psychischen Ebene, bis deutlich später auch eine körperliche Sucht auftritt. Über längere Zeit kommt es zu einer Toleranzentwicklung, so dass die betroffene Person immer mehr Alkohol konsumieren muss, um noch die gleiche Wirkung zu verspüren. Oft vernachlässigen die Betroffenen auch das Essen, weil sie die Erfahrung machen, dass der Rausch auf nüchternen Magen schneller und intensiver auftritt. Ist dieser Level dann erreicht, hat der Betroffene allein nahezu keine Chance mehr, sich aus der Sucht zu befreien. Wenn er nicht interveniert, drohen in der Regel der soziale Absturz, die gesellschaftliche Isolation und der körperliche Verfall.

Wie bei allen Alkoholikern kann es zum Korsakow-Syndrom kommen, dessen wichtigstes Symptom eine gravierende Gedächtnisstörung ist, die häufig z. B. durch Konfabulieren aufgefüllt wird, d. h. mit Fantasieinhalten gefüllt wird. Viele weitere Erkrankungen im Gehirn sind möglich; ebenso kann das Gehirn schrumpfen. Darüber hinaus kann ein jahrelanger Alkoholkonsum, wie er bei diesem Alkoholismus-Typ vorliegt, zu Leberschäden bis hin zur Leberzirrhose führen, nachweislich das Krebsrisiko erhöhen und das Herz-Kreislauf-System derart stark belasten, dass Herzinfarkt und Schlaganfall drohen. Es kommt zu Polyneuropathien, Vitaminmangel und Gangstörungen, Magengeschwüren, die bluten können oder zur Bildung von sog. Ösophagusvarizenblutungen (Gefäßumgehungskreisläufe), die sehr oft lebensbedrohlich werden können.

Wie sieht die Therapie für einen Gamma-Alkoholiker aus?

Bei einem Gamma-Trinker ist die psychische Abhängigkeit stärker ausgeprägt als die körperliche, so dass der Entwöhnung eine besonders wichtige Rolle zukommt. Nicht zuletzt, um zu verhindern, dass der Rauschtrinker immer tiefer in die Sucht abrutscht und zusätzlich körperliche Symptome entwickelt. Um dies zu erreichen, ist die Behandlung in drei Phasen unterteilt: Entgiftung, Entwöhnung und Nachsorge. Die Entgiftung bezieht sich vor allem auf die physische Seite der Alkoholabhängigkeit. Je nachdem, ob die Betroffenen mit Alkohol im Blut stationär aufgenommen werden, oder ob sie bereits in einer länger andauernden Phase der Abstinenz leben, ist unter Umständen keine Entgiftungsbehandlung erforderlich. Wird eine Entgiftung durchgeführt, werden die Entzugssymptome mit einer individuell passenden Medikation gelindert. In der sich anschließenden zweiten Phase werden die Patienten intensiv psychotherapeutisch betreut.

Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist, dass der Patient seine Suchterkrankung akzeptiert. Gamma-Trinker kommen oftmals fremdmotiviert durch die Angehörigen zur Therapie, so dass zunächst an der Krankheitseinsicht gearbeitet werden muss. Wichtig ist es dann im nächsten Schritt, den Kontrollverlust therapeutisch aufzuarbeiten und dem Suchtkranken Wege aufzuzeigen, dem Konsumzwang zu widerstehen. Eine große Bedeutung in der Therapie hat die Auseinandersetzung mit den Suchtauslösern. Nur wer die Hintergründe versteht, kann auch etwas ändern. Daher werden die psychischen Ursachen aufgearbeitet, die den Betroffenen immer wieder dazu veranlassen, zum Alkohol zu greifen.

Zur positiven Veränderung tragen weiterhin das Trainieren neuer Verhaltensweisen und eine Erweiterung des persönlichen Horizonts bei, beispielsweise durch das Erlernen eines Musikinstruments, sportliche Aktivitäten oder das Entdecken eines neuen Hobbys. In Einzelsitzungen und in Gruppentherapien werden verschiedene Strategien ermittelt, die den Patienten nach der Therapie dabei helfen, Probleme nicht mehr mit Alkohol zu lösen oder in bestimmten Situationen nicht wieder in alte Verhaltensweisen zu verfallen. Die Betroffenen lernen, dass sie auch ohne Alkohol Spaß haben können. Ebenso gibt es die Möglichkeit, durch gemeinsame Gespräche, Angehörige in die Therapie mit einzubeziehen.

Wie für alle Alkoholkranken ist es nach dem Alkoholentzug, d. h. der körperlichen Entgiftung und der psychischen Entwöhnung, in einer Entzugsklinik Alkohol auch für Gamma-Trinker wichtig, die Abstinenz mittels ambulanter Nachsorge im Alltag zu stabilisieren. Bewährt haben sich der regelmäßige Besuch eines Nachsorgetherapeuten und die Teilnahme an Selbsthilfegruppen wie dem Blauen Kreuz oder den Anonymen Alkoholikern.

 

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